Von Mitte November bis Anfang Dezember waren Ruth und ich wieder auf Lesereise, der Pandemie zum Trotz und mit allen gebotenen Vorsichtsmaßnahmen – geht nicht, gibt‘s nicht!
Dabei wurde uns klar, dass gerade die Pandemie es wichtig werden lässt, die entstehenden gesundheitlichen Hürden zu überwinden, um über die Vermittlung von Inhalten hinaus – Ruths Erfahrungen mit dem Rassismus als Antisemitismus in Nazideutschland und als Rassentrennung im Südafrika der Apartheid – auch zum sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft beizutragen.
Ganz in diesem Sinne verliefen dann auch die ersten drei Schulveranstaltungen in Nordrhein-Westfalen. Ruth und ich waren in den Tagen vor dem 14.11. bei den Freunden in Lüdinghausen eingetroffen, und schon am Montag, dem 15.11., waren wir zu Gast im Hittorf-Gymnasium in Recklinghausen, wo Daniel Rosenbusch und seine Kolleg:innen in der Turnhalle des Gymnasiums genügend Platz geschaffen hatten, um eine große Gruppe Schüler aus der Oberstufe zu versammeln, die Ruths Vortrag und der Lesung gebannt zuhörten und auch eine Reihe kluger Fragen vorbereitet hatten. Zustande gekommen war diese Veranstaltung übrigens durch unsere Freundschaft mit Maria Voß, Mitbegründerin des Eine-Welt-Kreises der St.-Antonius-Gemeinde und unermüdlicher Aktivistin für Frieden und Gerechtigkeit in der einen Welt, der an dieser Stelle noch einmal besonders gedankt sein soll.
Gleich am nächsten Tag, dem 16.11., ging es schon wieder los, dies Mal noch ein Stück weiter zur Realschule Hochdahl nach Düsseldorf-Erkrath, wo uns Schulleiter Uwe Heidelberg und Geschichtslehrer Vladimir Platonov empfingen. Auch hier war die Aula mit ca. 120 Schüler:innen gut gefüllt, auch hier gab es jede Menge kluger Fragen an Ruth. Und auch hier war es wohltuend und bemerkenswert, mit welcher menschlicher Wärme und welch großem Interesse wir aufgenommen wurden. In Hochdahl war der Kontakt übrigens durch Christoph Fleischer aus essen entstanden, dem an dieser Stelle auch noch einmal gedankt sei.
Die nächste Station unserer Reise war das Gymnasium am Geroweiher in Mönchengladbach. Dessen Leiter, Dr. Christian Dern, hatte bei unserer jüngsten Lesereise im vergangenen Juli ein WDR-Interview mit Ruth gehört, kurzentschlossen eine Mail an sie geschrieben und prompt eine Antwort erhalten. In Mönchengladbach fanden wir ebenfalls eine gut gefüllte Aula und hochinteressierte Schüler:innen vor, mit denen sich ein so intensives Gespräch entwickelte, dass gar nicht alle Fragen und Themen behandelt werden konnten. Was in dem Plan resultierte, möglichst im nächsten Frühjahr noch einmal zu kommen, um vor allem über das südliche Afrika und das Thema Kolonialismus zu sprechen.
Am folgenden Tag war Ruth virtuell bei einer Veranstaltung von Exile e. V., Essen, zu Gast: „Ruhr Global: Koloniale Kontinuitäten am Beispiel der Metropole Ruhr“ und konnte hier im Kreis einer Reihe anderer Diskutierender einiges aus ihrem reichen Fundus an Wissen und Erfahrung zum Thema „Kolonialismus“ beitragen. Immerhin hat Ruth die Hochphase der Entkolonisierung Afrikas in den 1960er und 1970er Jahren ja aus eigener Anschauung und im Rahmen ihrer Arbeit als Journalistin besonders intensiv erlebt, ein unvergleichlicher Schatz.
Nach diesen bewegten Tagen in NRW führte uns die Reise nach Potsdam, wo Jörg Stopa mit seinen Kolleginnen von der RAA Brandenburg (RAA Brandenburg – Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie, Brandenburg e. V.) wieder einmal ein 1-wöchiges Programm an Schulen im ganzen Bundesland vorbereitet hatten. Pandemiebedingt und um das Gesundheitsrisiko möglichst gering zu halten hatte Jörg Stopa mit den teilnehmenden Schulen vereinbart, die Veranstaltungen virtuell, als Live Streams, durchzuführen, was erstaunlich gut gelang, sowohl, was die visuellen Elemente der Lesung betraf (Power Point Präsentation), als auch im Bezug auf den Austausch mit den zuschauenden und zuhörenden Schüler:innen. So konnten wir zumindest virtuell präsent sein. Eine Abendveranstaltung in Potsdam selbst mit Geflüchteten konnte allerdings tatsächlich präsenziell stattfinden.
Von Potsdam ging es schließlich nach Berlin, wo die Berliner Freunde um Konrad Melchers und Peter Schrage unter dem Titel „Jüdische Flüchtlinge aus Deutschland im Südafrika der Apartheid“ eine großartige Abendveranstaltung in der St-Matthäus-Kirche auf dem Kulturforum am Potsdamer Platz organisiert hatten, die von der Förderung unter anderem der Deutschen Afrika Stiftung, des Anne-Frank-Hauses und der Stiftung EVZ mitgetragen wurde. Dabei gab es einen Vortrag von Ruth zum Thema, eine Lesung aus ihrem Bestseller-Roman „Meine Schwester Sara“ (gelesen von Seyran Ateş und Dr. Asfa-Mossen Asserate), eine hochspannende Podiumsdiskussion (mit Ruth Weiss, Seyran Ateş, Dr. Uschi Eid und Dr. Asserate, moderiert von Hans-Werner Bussmann) und wunderbare Musik vom Duo Jarita Freydank (Gesang) und Arenor Anuku (Gitarre). Ein wirklich gelungener Abend, an dem per Livestream auch Menschen von überall her teilnehmen konnten. Wer nicht dabei war, kann die Veranstaltung auf der Webseite der Ruth-Weiss-Gesellschaft auch jetzt noch in Ruhe anschauen. – Und hineinhören in die bewegende Rede von Botschaftsrätin Laura Joyce von der südafrikanischen Botschaft in Berlin!
Der 1. Dezember brachte dann noch einmal eine Schullesung in der Nelson-Mandela-Schule in Berlin-Wilmersdorf, eine vielfältige und inklusive internationale zweisprachige staatliche Sekundarschule – und eine „Schule gegen Rassismus“. Dort wurden wir von der Lehrerin, Frau v. Amelunxen, und den 10. Klassen besonders herzlich empfangen, das Interesse war wieder groß, und wir – Ruth und ich – sind immer wieder überrascht und beeindruckt, mit welcher Aufmerksamkeit die jungen Menschen Ruths Schilderungen aus ihrer Kindheit in Nazi-Deutschland und aus ihrem Leben als Journalistin im südlichen Afrika, auf dem afrikanischen Kontinent insgesamt und darüber hinaus lauschen. Eine wunderbare Motivation, fürs Frühjahr 2022 die nächste Reise zu planen!