Trauer um Desmond Tutu

von Ruth Weiss

Südafrika hat seinen populärsten Bürger verloren – Desmond Mapilo Tutu ist nicht mehr unter uns. Der erste schwarze Anglikanische Erzbischof von Kapstadt und Oberhaupt seiner Kirche in Südafrika – entschlief am zweiten Weihnachtstag 2021 im Alter von 90 Jahren.  Der Mann, der einmal sagte er wünschte er könnte den Mund halten, aber es gelänge ihm nicht, wird nun nicht mehr zu hören sein. Mit einer ausgewogenen Dosis von Kritik und Humor hat er viele gesellschaftliche Probleme unserer Zeit angesprochen – neben den grossen südafrikanischen Themen wie Apartheid die Menschenrechte, Rassismus, Homophobie, Transphobie und Sexismus,  sowie immer wieder die Armutsproblematik, HIV/Aids und Tuberkulose, wie uns der Daily Maverick in Erinnerung rief.

Cape Town, South Africa – October 6, 2011:
The Arch Bishop Emeritus Desmond Tutu at his official book launch ,
St George’s Cathedral 2011

Seine Stimme war mächtig, direkt, respektiert und störte die Selbstgefälligkeit der Machthaber  – und das zu Zeiten der National Party (NP) Regierung wie auch des African National Congress (ANC)  und dessen Verbündeten.

Tausende Worte Tribut* werden geschrieben werden über den mutigen Erzbischof, der dem Blick der Mächtigen standhielt, und den man Südafrikas ‚moralischen Kompass‘ nannte. 1984 erhielt er – zum Ärger der damaligen NP Regierung – den Friedensnobelpreis, neben vielen weiteren Ehrbezeugungen weltweit. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa bezeichnete ihn als einen ‚Patriot ohnegleichen‘.

Tutu war ein Riese unter den Kämpfern gegen das Apartheidssystem, ein ‚Champion universaler Menschenrechte‘, wie Ramaphosa treffend sagt. Sein Freund Nelson Mandela beschrieb den “Arch” als ,manchmal laut, oft sanft, nie ängstlich, selten ohne Humor‘ und als ,die Stimme der Stimmlosen‘.

Geboren als Sohn eines Schuldirektors und einer Hauslehrerin, wurde Desmond Tutu ein Anglikanischer Geistlicher, mit einem Masterabschluss in Theologie der Universität London. In den 70er Jahren war er der überragendste Streiter gegen die Apartheid,  charismatisch, emotionell, mutig und wurde als solcher weltweit in allen Gesellschaftsschichten bekannt. Er führte öffentliche Proteste an, sprach offen und glaubwürdig  über das Unrecht und gegen das Unrechtssystem. Als furchtloser Friedensmann wurde er ‚zu bekannt  um ermordet zu werden‘ , wie ein Schriftsteller sagte. Es setzte ihm dennoch zu, dass seine Gegner ihn einen Verräter und Aufwiegler nannten.

Tutu teilte Mandela’s Idee einer multiethnischen Gemeinschaft, aber er konnte den bewaffneten Kampf des ANC nicht unterstützen. Auch nach dem Erfolg des ANC in den ersten demokratischen Wahlen 1994 wurde er oft als ‚Pfahl im Fleische‘ der neuen Regierung beschrieben, denn er hielt sich nicht zurück, alle jene zu kritisieren, die sich deren Siegeszug als Profiteure anschlossen. Seine Kritik war immer fair, und so schmerzte ihn besonders, dass er 2013 von der Teilnahme an Mandelas Bestattungsfeierlichkeiten ausgeschlossen wurde.   

Als Vorsitzender der kontroversen Wahrheits-  und Versöhnungskommission, welche  die Apartheidsvergehen untersuchte, war er täglich mit den erschütternden Zeugenaussagen konfrontiert, was ihm emotionell stark zusetzte, seine Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung aber stärkte. Die harte Kritik der Rechten, aber auch des ANC und einiger Liberaler überraschte und verletzte ihn, selbst wenn er vieles mit Gleichmut und dem ihm eigenen Humor wegzustecken schien.

Trotz seines Krebsleidens nahm der “Arch” weiter Anteil an wichtigen nationalen und internationalen Themen. 2015 fand der von ihm initiierte Aufruf zur Schaffung erneuerbarer nachhaltiger Energiequellen, eine Petition an führende Persönlichkeiten in der Welt, nach Presseberichten mehr als 300000 Unterstützer weltweit.

Der Mann der einmal sagte, er liebe es, geliebt zu werden, er wird weit über sein Land hinaus vermisst und sicher nicht vergessen werden.

Hamba gashla, Erzbischof Desmond Tutu, Humanist und mitfühlender Wegweiser!

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*beispielhaft für viele der persönliche Nachruf auf Desmond Tutu in der taz ‚Danke Tata Tutu‘ von Autor Lutz van Dijk, der wie Ruth Weiss mit Südafrika eng verbunden ist.