Politische Krise in Südafrika

von Ruth Weiss

Südafrika ist in Aufruhr! Bisher galt Cyril Ramaphosa als Spitzenkandidat des African National Congress (ANC), dessen kommende Versammlung den Kandidaten für die nächsten Wahlen bestimmen soll. Jetzt hat sich alles geändert.

Aufgeregt fragen Südafrikaner: Wird der Präsident angeklagt? Wird er zurücktreten? Oder wird er bleiben und kämpfen?

Der Eklat: Eine parlamentarische Untersuchung ergab, dass Präsident Cyril Ramaphosa sich im Zusammenhang mit einem Raub auf seiner Wildfarm Phala Phala verantworten muss. Am 1. Juni hatte der ehemalige Chef der State Security Agency (SSA), Arthur Fraser, der Polizei einen Bericht über dieses Ereignis übergeben, das Ramaphosa nie öffentlich gemacht hatte. In seiner Erklärung hatte Fraser eine Reihe angeblicher schwerwiegender Vorwürfe in Bezug auf Devisen und andersartige angebliche kriminelle Vorgänge erhoben, die zu einer Untersuchung durch ein unabhängiges Gremium führten. Die Affäre betrifft eine große Summe in Fremdwährung (580.000 $, d. h. 8,7 Millionen Rand), die in einem Sofa auf der Farm versteckt war.

Na ja, das ist nicht gerade normal. Der Durchschnittsmensch mag auf diese Weise vielleicht ein paar $-oder €-Scheine verstauen, aber kaum unglaubliche $580.000. Aber dann: Ramaphosa gehört zur kleinen Gruppe der ‚Seriously Rich‘, sicher dank seiner früheren Tätigkeit als Unternehmenschef. Zur Zeit des Diebstahls hatte der Präsident erklärt, das Geld sei der Erlös eines Verkaufs von Wild gewesen. Er hatte Fraser gebeten, sich ohne Aufsehen um den Fall zu kümmern. Laut eines früheren Berichts wurde der/die Verdächtige festgenommen und das Geld zurückgegeben, ohne dass eine Strafverfolgung eingeleitet wurde.

Nach der Veröffentlichung des Berichts des Unabhängigen Parlamentsgremiums wurde berichtet, Ramaphosa würde zurücktreten. Investoren rasteten aus. Wer würde sein Nachfolger sein? Würde der neue Mann Ramaphosas Kampf  gegen die Korruption fortsetzen und seine Politik betreffend der Verwaltung, der Wirtschaft, der öffentlichen Politik und der öffentlichen Finanzen fortsetzen?

Es wurde befürchtet, dass die ANC Radical Economic Transformation (RET) Fraktion des ehemaligen Präsidenten Zuma die Oberhand gewinnen wird. Das würde bedeuten, dass in Ungnade gefallene Personen wieder wichtige Jobs einehmen werden und der Rhythmus des ‚Staatsdiebstahls‘ zurückkehrt. Wichtige Stimmen haben sich zu Wort gemeldet und Ramaphosa aufgefordert, der Gesellschaft den Dienst zu erweisen, im Dienst zu bleiben und zu kämpfen.

Der Richter, der die Vorwürfe als vernichtend empfand, sagte auch, Frasers Aussage sei „Hörensagen“, da er keine Quelle für seine Anschuldigungen angegeben habe. Dies sollte in ordentlichen Umständen geschehen. Fraser hat zurückgeschossen und erklärt, er sei in der Lage die Information zu liefern. Der Daily Maverick (DM) veröffentlichte neben einer Reihe von Artikeln auch einen Artikel von Richard Calland, der schrieb, dass das Gremium „keinen Bericht von der notwendigen tadellosen Qualität und Glaubwürdigkeit vorgelegt habe. Es wäre ungerecht, wenn Ramaphosa wegen eines „fehlerhaften Berichts“ zurück treten würde, was außerdem „einen völlig unangemessenen Präzedenzfall schaffen würde“. Er schrieb auch, dass das Gremium „auf der Grundlage begrenzter, ungeprüfter und größtenteils vom Hörensagen stammender Beweise“ zu sehr schwerwiegenden Schlussfolgerungen gekommen sei.

Man hat das Gefühl, dass all dies vom Ex-Spionagechef geplant war. Inzwischen hat jeder von dem Trio gehört, den drei Gupta-Brüdern, die Südafrika während der berüchtigten Präsidentschaft von Jacob Zuma erfolgreich um Milliarden von Rand durch „State Capture“ geschröpft hatten. Die jahrelange Arbeit der Zondo-Kommission hat sich ausgezahlt. Viele Namen wurden in deren Bericht vom Frühjahr 2022 genannt, Deals aufgedeckt, unglaubliche Summen erwähnt. Die Auswirkungen hatten sich bemerkbar gemacht, weiteres war zu erwarten.

Kein Wunder, dass die Wheeler-Dealer jener Zeiten zurückschlagen. Wie etwa Arthur Fraser. Er ist ein enger Mitarbeiter von Zuma, dem er 2007 geholfen hatte, als ANC Präsident gewählt zu werden. Auch das hatte sich ausgezahlt. Als Mitglied des ANC bereicherte Fraser sich, wie der Zondo „State Capture“ Bericht enthüllte, sodass ihn Anklagen erwarten. Kürzlich wurde eine weitere Anklage hinzugefügt. Eine der staatlichen Institutionen, die während der Staatseroberung ausgeraubt und schwer verwundet worden waren, war die „Passenger Rail Agency of South Africa“ (Prasa). Die Untersuchung des Staaatskasse ergab, dass nur 13 von 216 Prasa Verträgen in Ordnung waren. Ein Auftragnehmer, der ein Begünstigter eines Prasa-Vertrags war, war kein anderer als Arthur Fraser.

Eine andere Meinung besagt, dass dies alles ein Weckruf sei: Es läge an den Wählern, ihre Stimme für einen neuen aufrechten Bürger, einen Mr. Clean, abzugeben und die vom DM als Männer des Jahres ausgewählten Guten als Kandidaten anzubieten! Es ist interessant, die Kommentare unter den Artikeln des DM zu diesem Thema zu lesen. Viele sprechen vom Dilemma des ANC: Wenn sie die Reihen schließen und Ramaphosas Amtsenthebung vermeiden, was wird das für die neue Transparenzpolitik bedeuten? Oder wird diese Episode zum Triumph der RET-Fraktion führen?

Ein Leser scheint dies zu befürchten. Er fasste seine Gefühle knapp zusammen; Wenn Cyril geht, ist es vorbei, – fertig und abgestaubt.

Das ist verfrüht. Nach Gesprächen mit engen Mitarbeitern scheint Präsident Ramaphosa den Bericht nicht hinnehmen zu wollen. Nun heißt es abwarten.