von Ruth Weiss
Im britischen Königshaus wurde diese Tage ein mächtiges Tabu gebrochen: der Herzog und die Herzogin von Sussex haben der wohl berühmtesten Familie der Welt Rassismus unterstellt. Dieses rebellische Paar, der britische Prinz Harry und seine afro-amerikanische Frau Meghan Markle, haben in ihrem explosiven Interview mit Oprah Winfrey das Thema Rassismus zum heiklen Thema in Grossbritannen gemacht. Sie brachen nicht nur das erste Gebot der königlichen Familie – der „Firma“ : „Du sollst-nichts-Bedeutendes-sagen“ – sondern sie haben der gesamten weissen britischen Gesellschaft aller sozialen Schichten den Spiegel vorgehalten. Sie gezwungen, über ethnisch motivierte Vorurteile zu reden.
Und das genau zur Zeit der von den Vereinten Nationen ausgerufenen und international beachteten Wochen gegen den Rassismus!
Auch in Deutschland ist Rassismus Thema, und wurden diese Wochen mit eindrucksvollen Reden des Bundespräsidenten Steinmeier und anderer wichtiger Persönlichkeiten eingeleitet und in vielen wenn auch pandemiebedingt virtuellen Veranstaltungen gewürdigt.
Wobei dennoch nicht zu übersehen ist, dass sich Jahr für Jahr eigentlich wenig gebessert hat, trotz des willkommenen Fokus auf ‚Aktion‘ der durch die Stiftung gegen Rassismus mitgetragenen Aktionswochen. Auch Jürgen Micksch, Vorsitzender der Stiftung mahnt ‚Rassismus wird noch lange ein ernstzunehmendes Problem sein‘. Es bleibt in der Tat viel zu tun, nicht nur zu reden.
Reden … wir … miteinander …
Rechtsextreme Angriffe, offene verächtliche Reden vermehren sich global. Menschen wie George Floyd dürfen weiterhin ‚nicht atmen‘, Rechtsextremisten greifen wie vor wenigen Monaten in Halle Juden an und töten dann zufällige Opfer, ermorden in Hanau unschuldige Bürger mit Migrationshintergrund. Selbst die Qualifikation ‚mit Migrationshintergrund‘ zeigt doch, dass wir vorschnellem Urteilen nicht genug vorbeugen; dass man sich sprachlich immer neue Definitionen für die Andersartigkeit unserer Mitmenschen ausdenkt, statt die gemeinsamen Interessen und Sorgen zu betonen, oder sich wenigstens die Mühe zu machen, sie kennenzulernen als gleich- oder auch andersgläubige Nachbar*innen, als Mit-Menschen eben.
Weiss man noch immer nicht, dass der Irrglaube, der etwa lehrt verschiedene Rassen besässen bestimmte Charakteristiken oder Qualitäten die sie als wertvoll oder minderwertig erscheinen lassen, am Ende tödliche Folgen hat? Zum Sklaventum, zu Menschenverachtung und Massenmord, zu Auschwitz führt?
Aufklärung …
Aufklärung tut not – doch nachdenklich muss uns stimmen, dass selbst der gefeierte Aufklärer Voltaire zum einen erklärt: „Menschen sind gleich; es ist nicht die Geburt sondern die Tugend die einen Unterschied macht“, – nur um dies sodann durch seinen verbohrten Antisemitismus zu untergraben :“Ihr [Juden] scheint die Verrücktesten zu sein. Die Kaffern, die Hottentoten, die Neger von Guinea sind bei weitem vernuenftiger und ehrlicher wie Eure Ahnen, die Juden.“
Das klang wohl wenig aufgeklärt! Es ist dabei tragisch, dass die Worte des Philosophen durch die Jahrhunderte den Zeitgeist beeinflussen konnten.
Und wie an diesen wenigen Beispielen zu sehen ist, beginnend mit dem jüngsten königlich britischen aus der Familie der Windsors, den Mountbattens einst deutschen Battenbergs, bestehen solch verwerfliche vermeintlich ethnisch ‚begründete‘ Vorurteile weiter.
Eine entschlossene Zivilgesellschaft…
Wie Recht hat Bundespräsident Steinmeier, wenn er erklärt, man brauche die Mittel eines Rechtsstaats und einer entschlossenen Zivilgesellschaft um den Rassismus zu bekämpfen. Ist dieser nicht menschenunwuerdig, mit grundlosem Hass, kopf- und herzloser Ablehnung, Diskriminierung und Ausgrenzung der ‚anderen‘ ?
Und nicht zu vergessen dass auch Adorno Recht hatte zu fordern dass alle Bemühung darum, dass ‚Auschwitz nicht noch einmal vorkomme‘ mit Bildung und Erziehung anfangen müsse.
Diese entschlossene Zivilgesellschaft – das sind doch – wir?
Man kann Intoleranz und Vorurteil überkommen, wenn man ihre Grundlosigkeit und Irrationalität verständlich macht und den Diskurs und das Handeln auf die Menschenwürde zurückführt, die unantastbare, unsere Würde und die unserer Mit-Menschen. Reden, ja sicher, aber miteinander !