von Ruth Weiss
Heil dem Kaiser?
Hatten die Angstmacher Recht Angst zu haben? Nun scheint es tatsächlich wahr, dass die sogenannten Reichsbürger eine reale und große Gefahr sind! Sie planten nichts weniger als einen Putsch!
Die Deutschen wachten mitten im Advent mit einem Schock auf. Sie erfuhren dass vor Tagesanbruch 130 landesweiten Razzien in 11 Bundesländern von 3000 Beamten stattgefunden hatten. Etwa 25 Personen wurden festgenommen, denen vorgeworfen wird, einen Putsch zu planen …Die einmalige Operation – ja in Deutschland!- wurde von verschiedenen Sicherheitsorganen, auch nach Konsultation mit ausländischen Verfassungsschutzorganisationen durchgeführt.
Es hört sich an wie ein Spionageroman. Ist jedoch harte Wirklichkeit.
Den Festgenommen wird vorgeworfen, sich verschworen zu haben, bewaffnete Angriffe auf den „Reichstag und andere staatliche Strukturen auszuführen. Und zwar mit dem Ziel, eine kriegsähnliche Situation zu schaffen, die es einer Gruppe der „Reichsbürger“ und „Querdenker“ ermöglichen sollte, die demokratische Regierung abzulösen und die Verfassung mit einer neuen zu ersetzen, basiert auf die Reichsverfassung des Jahres 1871. Nach der „Machtübernahme“ sollte der 71jährige Heinrich Reuß, selbstständiger Finanzberater und Mitglied einer alten Adelsfamilie, der in Medien als Prinz beschrieben wurde, als Regent eingesetzt werden. In seinem Jagdschloss in Tübingen hätten Verschwörungstreffen stattgefunden. Andere – Frauen und Männer – waren ebenfalls als Minister*Innen einer neuen Regierung genannt worden. Insgesamt sollen etwa 52 Männer und Frauen beteiligt sein.
Ihre Pläne waren konkret.
Die Operation in den frühen Stunden war auch gefährlich, da bekannt war, dass die Verschwörer bewaffnet waren. In einem Haus, in dem vermutlich Waffen und Munition gelagert waren, fielen Schüsse, ein Polizist wurde verletzt und ein Feuer brach aus, gefolgt von mehreren Explosionen. Schließlich tauchten die Personen aus dem Haus auf.
Ermittlungen gehen weiter, so etwa auch gegen bekannte Personen, die Anti-Corona-Proteste angeschürt haben, bei denen sie versuchten, Mitglieder für die Verschwörung zu rekrutieren, während andere versuchten, Angehörige der Bundeswehr anzuwerben. Eine Gruppe von vier Männern und einer Frau – eine 75-jährige ehemalige Lehrerin – die nichts mit dem Putsch zu tun hatte, aber ähnliche Ziele verfolgte, soll die Entführung des Gesundheitsministers geplant haben.
Die Zeit ist vorbei, Rechtsextremisten, darunter Antisemiten und Fremdenfeindliche, als Minorität abzutun. Das sind sie, aber eben eine gefährliche Minorität.
Ist es nicht an der Zeit, dass die Zivilgesellschaft ihre demokratische Stimme wiederfindet? Sich zusammen findet zum Protest – und besser noch Kampagnen, um die Lügengeschichten zu verdammen, mit denen die Extremisten arbeiten? Es ist erleichternd zu wissen, dass „Reichsbürger, Querdenker, Vereinte Patrioten“ oder wie immer sie sich nennen, den dazu berechtigten Behörden unserer demokratischen Institutione im Auge blieben. Werden sie auch dem Unmut der Mehrheit verspüren?
Die Parole nach der Nazizeit und dem 2. Weltkrieg, „Nie wieder ein derartiges Gräuel“ darf nicht unversehens zu einem “Doch wieder“ werden!
Statt im gemütlichen, lichten „Wintermärchen“ zu treiben, sieht sich das Land winterlicher Dunkelheit gegeüber.