Staat und Staudamm – Wende in Tansania?

von Ruth Weiss

Der Bau von großen Staudämmen ist umstritten, vor allem in dieser Zeit des Klimawandels. 

So haben Umweltexperten und Aktivisten sowie die UNESCO versucht, das grosse Dammbauprojekt „Stieglers Schlucht“, offiziell „Rufiji Hydropower“, des im März verstorbenen Präsidenten von Tansania John Pombe Joseph Magufuli zu verhindern. Dieses $3.6Milliarden Projekt soll im Selous Naturpark am Rufiji Fluss, einem UNESCO Weltkulturerbe, umgesetzt werden mit dem Ziel, die unzulängliche Elektrizitätsversorgung zu verbessern. Ein notwendiges Ziel, aber das Projekt im Selous Park leider nicht die Lösung, denn es beeinträchtigt das gesamte Ökosystem dieses ikonischen Naturschutzgebietes. Dieses hat leider bereits seit Jahren durch Wilderei viele Tiere seiner seltenen Großwildarten eingebüßt, Elefanten, schwarze Nashörner, Hippos, Afrikanische wilde Hunde.  Experten stellten aber auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts in Frage, da die Baukosten die im Plan angesetzten Kosten mit grosser Wahrscheinlichkeit weit übersteigen können. 

Präsident Magufuli, von sich und seinen Plänen überzeugt, hat sich nicht beirren lassen. 

Magufuli – Populär aber harte Faust

Er war ein äußerst populärer Präsident, der nicht nur dafür bekannt und geschätzt wurde, dass er unbestechlich war, sondern, dass er auch alles zur Beseitigung dieses Lasters tat. So entließ er Beamte, die in Korruptionsfälle verwickelt waren, ließ die Konten von Ministern überprüfen und setzte dem System von„10 000 Geisterarbeitern“ ein Ende, durch das sich ein Netzwerk korrupter Beamten bereichert hatte – das allein ersparte dem Staat an die 2 Millionen Dollar.

Doch gleichzeitig regierte Magufuli das Land mit harter Faust. Seit er in Jahr 2015 die Wahl gewonnen hatte, wurden unabhängige Zeitungen verboten, 20 Oppositionsabgeordnete inhaftiert, und 2017 überlebte einer seiner Kritiker 16 Attentatsversuche und lebt nun im Exil. Noch schwerer wiegt, dass der Präsident Covid19 nicht die nötige Beachtung schenkte und lediglich dazu aufrief, Menschen mögen dagegen beten und pflanzliche Heilmittel nehmen. Seit April 2020 hat Tanzania keine Statistiken über de Pandemie herausgegeben. 

Zwei Artikel in „Afrika Süd“ (Mai/Jun)Ein herausforderndes Erbe für Tansania und Afrika – afrika-sued.org  haben diese zwei widersprüchlichen Seiten Magufulis dargestellt: den Diktator und den „Bulldozer“ der sich für sein Land selbst mit internationalen Bergbaugesellschaften angelegt hat.

Samia Suluhu – Eine Frau tritt Magufulis Erbe an

Die Frage ist noch offen, wie die erste Frau an der Spitze des Staates, die muslimische Präsidentin Samia Suluhu Hassan aus Zanzibar, nun mit diesem Erbe der sechs Jahre ihres Vorgängers umgehen wird.  Sie findet sich in leitender Funktion in einem Land, das noch vom Patriarchat bestimmt wird. Abtreibung oder Gewalt in der Ehe waren für ihren Vorgänger keine Themen –  Mädchen die schwanger wurden, mussten die Schule verlassen. Präsident Magufuli hat weiterhin Freunde und Einfluss in Regierungskreisen… 

Die Präsidentin geht vorsichtig voran. Gegen Zensur hat sie sich bereits geäußert und Verbote aufgehoben. Erst zwei Monate nach Magufulis Tod wurden neue Covid19 Regeln für Reisende und Besucher eingeführt. Am 20. Juni warnte die tansanische Regierung vor einer dritten Welle der Pandemie and riet zu Distanzierung und dem Tragen von Masken. Am Abend der Ansage schien das noch vielerorts auf taube Ohren gestossen zu sein, als von „feiern wie üblich“ an populären Vergnügungsorten berichtet wurde.  Einige der Befragten hatten von der Warnung nichts gehört, andere ignorierten diese und einige glaubten nicht einmal, dass die Epidemie überhaupt existiert.

Wahrscheinlich werden weitere Maßnahmen benötigt werden. Der starke Einfluss des verstorbenen Präsidenten ist noch allzu sehr präsent.

Übrigens –  was „Stieglers Schlucht“ anbetrifft, so hatte der erklärt, wer das Projekt kritisiere,  habe mit Verhaftung zu rechnen. Können wir auch hier eine vorsichtige öffnung erwarten?