von Ruth Weiss
Das Nobel Komitee hat in diesem Jahr die Bedeutung der Redefreiheit für den Frieden in unserer Gesellschaft hervorgehoben und herausragende couragierte Persönlichkeiten des Journalismus geehrt: Den mutigen Russen Dmitry Muratov und Maria Ressa, furchtlose Reporterin und erste Nobelpreisträgerin der Philippinen. Sie zeigen moralische Stärke und Einsatzkraft in einer Welt, in der Demokratie und Menschenrechte zunehmend durch autokratische Regierungen und einen bedrückenden Schwung nach Rechts bedroht sind.
Maria Ressa (geb. 1963-) hat Machtmissbrauch, Gewalt und zunehmenden Autoritarismus in ihrem Geburtsland exponiert. Sie leitet die journalistische Gesellschaft Rappler, die sie mit anderen 2012 gründete, und welche die umstrittene anti-Drogen Kampagne des Duterte Regimes durch Aufklärung bekämpft. Sie greift auch soziale Medien an, die falsche Nachrichten verbreiten, Oppositionelle belästigen und offene Diskussionen manipulieren.
Dmitry Andreyevich Muratov (geb, 1961-) war 1993 Mitgründer und leitet Novaya Gazeta, die pro-demokratische russische Zeitung, die unabhängig und immer wieder auch über Themen wie Regierungskorruption und Vergehen gegen Menschenrechte berichtet. Muratov und sein Team haben die einzige “wirklich kritische Zeitung mit nationalem Einfluss“ in Russland kreiert.
Hohe menschliche Kosten des Aufklärungsjournalismus
In ihrer Rede am 10.12.2021 hat Maria Ressa der “Hold The Line Coalition“ Lob gezollt – ein Zusammenschluss von weltweit über 80 Gruppen welche die Pressefreiheit verteidigen sowie Menschenrechtsorganisationen, die „uns helfen Licht ins Dunkel zu tragen.“ Dabei erwähnte sie die hohen menschlichen Kosten der Informationsarbeit, und gedachte der 63 Rechtsanwälte und 22 Journalisten die wegen ihrer beruflichen Tätigkeiten in den Philippinien getötet wurden, seit Präsident Rodrigo Duterte 2016 die Macht übernommen hat.
Eindringlich spricht Maria Ressa von Kampf gegen den “vergifteten Schlamm” des Hasses und der Gewalt in den Informationssystemen der grossen (US) Internet Firmen, wo vielfach „das Schlimmste in uns angesprochen“ wird. Ihre Schlussfolgerung: Jeder an seiner Stelle müsse mehr dagegen tun, besonders aber „um gut zu sein, müssen wir an das Gute in der Welt glauben.“
Patriotismus und Demokratieverständnis
Dmitry Muratovs Presentation zitiert das Mitglied der Nobel Wissenschaftsakademie Andrei Sakharov, der 1975 sagte, die Welt habe sich von der Demokratie abgekehrt.
Er stellt die Sinnfrage, warum heutige Ideologen verherrlichen dass man ‚für sein Heimatland sterben solle‘ statt dafür zu leben. Und nennt ein grausames Bespiel aus der Zeit des Tschetschenien Krieges, als fünf weiße Kühlwagons – verwendet als Leichenhallen des Verteidigungsministeriums und angefüllt mit unidentifizierten Leichen – auf einer Bahnstrecke abgestellt waren. In einem kleinen Haus in der Nähe wurden wartenden Eltern vermisster Soldaten auf dem Bildschirm der Reihe nach Bilder der Gesichter der dort aufbewahrten Toten gezeigt. Von Schmerz ergriffen mussten sie ihre Angehörigen erkennen.
Muratov sprach auch von der Bedeutung journalistischer Aufklärungsarbeit – es seien Journalisten gewesen, welche die Situation an der Belarusgrenze zu Polen bekannt gemacht haben, eine von Präsident Lukaschenko initiierte Migrationskrise an der europäischen Aussengrenze. Auf der Grundlage der Informationsarbeit nun etwas zur Lösung der Probleme zu unternehmen sei jetzt Sache der Politiker.
Dmitry Muratovs Botschaft ist wichtig: “Wir sind Journalisten und unsere Aufgabe ist klar – zwischen Fakten und Fiktion den Unterschied zu machen.“