von Ruth Weiss
Wieder und wieder komme ich zurück zu dem im Februar 2021 veröffentlichten explosiven Bericht des südafrikanischen Daily Maverick, der inzwischen von vielen politischen Beobachtern weltweit aufgegriffen wurde. Er enthält bestürzende Enthüllungen über den seit Mugabes Zeiten von einer Elite kontrollierten Staatsapparat von Simbabwe, eine ‘Gefangennahme des Staates’ – State Capture – die sich unter Präsident Emmerson Mnangagwa fortsetzt und verstärkt.
Laut Daily Maverick möglichte dies ein korruptes Netzwerk von Politikern, Militär, Sicherheitspersonal, hochrangigen Bürokraten und Geschäftsleuten, welche ehrliche Geschäfte verhindern und die Bevölkerung eines besseren Lebens berauben. Kartelle entstanden,
die durch die Preiskontrolle des Staates überhöhten Profit für wenig Gegenwert erwirtschaften. Sie zeigen so dafür verantwortlich, dass den Bürgern schlechtere medizinische Versorgung und Bildungsmöglichkeiten, weniger Kilometer Straßen zuteil wird als ihnen zusteht und der Staatshaushalt vorsieht und sogar Privatkonten vom Betrug betroffen sind.
Die Kartelle schöpfen Milliarden ab
Ein treffendes Beispiel ist die unerlaubte Zahlung eines 10-fach überhöhten Wucherpreises für Treibstoff im Jahre 2019 an die Firma Sekunda, die auch die Pipeline Beira – Zimbabwe betreibt. Für die Deckung der Staatskasse musste sogar Geld gedruckt werden, was die simbabwische Wirtschaft über Nacht in eine finanzielle Krise stürzte und weswegen der Zimbabwe Dollar 90% seines Wertes verlor. So wurden Wenigen unverdiente Gewinne zuteil, das Einkommen und die Ersparnisse von Millionen simbabwischen Bürgern jedoch weitgehend entwertet und das Gemeinwesen bettelarm zurückgelassen.
Während der Präsident am Schalthebel der Macht sitzt, taucht ein anderer Name immer wieder auf: Kudakwashe Tagwirei, ein Geschäftsmann, Anhänger und Berater des Präsidenten, den er als ‘seinen Neffen’ bezeichnet. Dieser ist die Macht hinter Sekunda, dem erwähnten Ölkonzern.
Sekunda hat auch die sogenannte „Kommando Landwirtschaft“ finanziert, die Mnangagwa in den letzten Jahren von Mugabes Präsidentschaft eingeführt hat, um die Produktion zu erhöhen. Vor allem die Elite hat von diesem Projekt profitiert. Der General und jetzige Vizepräsident Constantino Chiwenga gab im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren zu, einen Mercedes und einen Lexus von dem Kommando-Landwirtschaftsprojekt erhalten zu haben. Auch von Tagwirei wird berichtet, dass er Luxuswagen an Mnangagwa, den inzwischen verstorbenen Landwirtschaftsminister Perrance Shiri und andere hohe ZANU-PF Funktionäre verschenkt habe.
Tagwirei ist auch im Goldgeschäft tätig. Kurz nach der Unabhängigkeit hatte der Staat durch die Zimbabwe Mining Development Corporation (ZMDC) die Goldmine Sabi übernommen, als der Goldpreis hoch war. Im Jahr 2002 hatten sich die makroökonomischen und politischen Umstände verschlechtert, auch der Goldpreis war gefallen, sodass das Bergwerk zwischen 2002 und 2003 geschlossen wurde.
Obwohl Goldpreise in darauf folgenden Jahren erneut anstiegen, wurde kein Investor gefunden, der die Mine erneut belebte, da deren Installationen und Arbeitsbedingungen sich nicht verbessert hatten. Die Mine wurde 2016 erneut von ZMDC eröffnet und erreichte 2018 eine Produktion von 240 kg pro Jahr. Das zog das Interesse von Abschöpfern – ‘rent-seekers’ – an.
Besitzer der Landela Mining Venture, einer Tochtergesellschaft der Gesellschaft Sotic International, ist kein anderer als Kuda Tagwirei. Landela hat 2020 die ZMDC-Anteile der Sabi Goldmine übernommen, als die Goldpreise in diesem Jahr auf ein Höchstniveau – das höchste in 25 Jahren – anstiegen. Landela soll auch ein Abkommen unterschrieben haben, ZMDC’s Anteile an drei weiteren Goldbergwerken zu übernehmen.
Tagwirei tauchte erneut inmitten der Pandemie auf, als er zwei Krankenhäuser übernahm, wohl für die Elite gedacht, die nun nicht wie bisher ins Ausland zur Behandlung fahren konnte.
Als Zanu-PF Jugendführer Namen wie Kuda Tagwirei, der angeblich auch in einem Skandal des Transportsektors verwickelt war, offen aussprachen, wurden sie aus der Partei entfernt.
So hat mehr als 40 Jahre nach den ersten freien Wahlen Simbabwe eine zwangsweise verstummte, verarmte Bevölkerung. Wenige – man nennt sie bereits Staatsräuber – kontrollieren das natur- und bodenschatzreiche Land.
NB der Ruth Weiss Gesellschaft:
Ruth Weiss verbindet mit Simbabwe viele Jahre beruflicher und persönlicher Kontakte. Sie hat durch ihre langjährige journalistische Arbeit den Werdegang Simbabwes lange vor seiner Unabhängigkeit und den ersten freien Wahlen 1980 verfolgt und mehrmals dort gelebt. Vgl. u.a. über Ruth und ihre Autobiografie Ruth Weiss ‚Wege im harten Gras‘