Ein neuer Anfang? – Ruths Wünsche zu Chanukka und dem Jahreswechsel

Chanukka Leuchter am Platz der Alten Synagoge in Freiburg, wo Ruth Weiss 2022 vortrug (WikiC2019)

Heute versuchte ich, gute Grüße zu Weihnachten und Chanukka, dem gerade beginnenden jüdischen Lichterfest zu schreiben. Doch ich wurde unterbrochen.

Leider hatte ich die Nachrichten gelesen und zu meinem Entsetzen gesehen, dass in Paris in der Nähe des Eiffelturms ein deutscher Tourist erstochen und zwei andere Menschen verletzt wurden. Islamistische Motive werden vermutet, was noch nicht bestätigt ist.

Derartige Gewalt, die Unschuldige trifft, was immer auch die Beweggründe sind, ist einfach untragbar! Inakzeptabel! Gewalt darf nicht als „Normalfall“ angesehen werden, oder als irgendwie vertretbares politisches Ausdrucksmittel. Egal aus welcher Überzeugung sie verübt wird. Ist es nicht zu betrauern, abzulehnen und zu verdammen, dass in vielen Konflikten unserer Zeit, wie in Ukraine oder zuvor in  Ländern wie Syrien, Jemen, Sudan und anderen, Massen davon betroffen wurden?

Gewalt gebiert Gewalt. Das Ergebnis sind Hunderttausende Tote, Verletzte, Heimatlose und muss verurteilt werden!

Genau wie auch der Hass verurteilt werden muss, der Gewalttätigkeiten geschürt hat, wie im Nahen Osten. Dort verübte am 7. Oktober Hamas, die in ihrer Programmatik Israels Zerstörung und Vernichtung aller Juden fordert, in Israel ein barbarisches Massaker und Entführungen. Dies führte zur zu erwartenden Verteidigung Israels und weiteren grausamen Kämpfen, Toten, Verletzten, Obdachlosen. Erneut sind Unschuldige die Opfer. Vor allem diejenigen, die bewusst von der terroristischen Hamasführung als „menschliche Schilde“ an bestimmten Orten angesiedelt waren, von denen aus Raketen abgeschossen wurden; genau wie unter Schulen, Moscheen, Krankenhäusern ein Tunnelsystem errichtet wurde, das Waffenlagern und Kämpfern diente. Israel erklärte, etwa 500 Gaza Tunnel wurden während seiner Offensive zerstört, mehr als 800 Tunnelschächte geortet, die sich in „zivilen Gebieten und innerhalb ziviler Gebäuden“ befanden und befinden sollen.

Diese Strategie gefährdet Zivilisten.  Hunderttausende mussten aus dem Norden in den Süden flüchten, wo sie sichere Gebiete suchen.

Die inzwischen ausgesetzte Waffenpause muss unbedingt erneut ausgehandelt werden, mit erneuten Friedensversuchen. Die Achtung von Menschenleben sollte im Mittelpunkt stehen.

Wie ist der Konflikt zu beenden? Ich las, dass 98% Palästinenser wohl heute Hamas wählen würden, was verständlich ist – auch wenn sie damit die unglaublichen Hamas Gräueltaten vom 7. Oktober akzeptieren. Und Israelis: sie haben Nentanyahu und damit seine rechtsextremen Koalitionspartner gewählt: doch Frieden kommt nicht aus dem Geschoss von Panzern!

Wird es je gelingen, die Zwei-Staaten Lösung friedlich umzusetzen, die im November 1947 von der UN vorgeschlagen, von Juden angenommen worden war, doch nicht als solche damals von arabischen Staaten?  Die Wikipedia schreibt, die militärische und politische Niederlage der arabischen Seite im 1948er Krieg sowie die widersprüchlichen Ziele der arabischen Staaten verhinderten die Entstehung eines arabisch-palästinensischen Staates. Nachdem die UN den Teilungsplan 1947 verabschiedet hatte, überfielen fünf Staaten (Ägypten, Jordanien, Syrien, Libanon, Irak) Israel am Tag nach seiner Gründung, ein Israel, das mit wenigen Waffen oder ausgebildeten Soldaten ausgerüstet war. Ein Krieg, den entgegen alle Erwartung, Israel gewann. Weitere Kriege und Friedensbemühungen durch die Jahrzehnte folgten, begleitet von weiter verbreitetem Hass und Desinformation.    

Wäre dies vermeidbar gewesen? Warum hatten damals arabische Staaten die etwa 700,000 Flüchtlinge nicht aufgenommen?

Um Wikipedia zu zitieren, „verweigerten arabische Staaten teilweise die Integration palästinensischer Araber in ihre Gesellschaften. Diese blieben jahrzehntelang, mitunter bis heute in Flüchtlingslagern als Staatenlose.“ Nur Jordanien nahm Palästinenser auf. In Israel leben heute Nachkommen der damals gebliebenen Palästinenser, also Muslime und Christen, mit juristischen, politischen Rechten und arabischen Parteien in der Knesset. Diese sind etwa 20% der Bevölkerung Israels. Gleichzeitig wird oft vergessen, dass etwa 800,000 bis zu 1 Million Juden in arabischen Ländern, die Jahrhunderte ihre Heimat waren, Pogromen ausgesetzt oder mittellos vertrieben wurden. Diese flüchteten meistens nach Israel oder nach Frankreich. Die vertriebenen Juden erhielten damals keinen UN-Sonderstatus wie Palästinenser.

Dank der arabischen Staaten, die UN-Mitglieder waren, besitzen Palästinaflüchtlinge einen gesonderten Flüchtlingsstatus, nachdem die UN 1949 nach dem Krieg die UNWRA gründete. Als permanente Flüchtlinge definiert, da Rückkehroptionen schwanden, wuchs ihre Zahl kontinuierlich, sodass diese heute etwa 7 Millionen beträgt, die von UNWRA versorgt werden, u.a. mit 500 Schulen in Palästinensischen Gebieten. 2022 belief sich das Budget dieser Organisation auf US-$1,17 Milliarden, die Hälfte spendeten EU-Staaten. Im Januar 2023 bat die Organisation um Aufstockung auf $1,63 Milliarden. Das muss nun angesichts der wachsenden Zerstörung Gazas erhöht werden!  

In aller Klarheit: Ich stehe voll und ganz hinter dem Recht und der Pflicht des Staates Israel, seine Bürgerinnen und Bürger gegen die erklärte Absicht der Terrororganisation Hamas zu verteidigen, Israel und das jüdische Volk zu vernichten. Gleichzeitig muss Israel jedoch, auch wenn dies bei der perfiden und zynischen Kriegstaktik der Hamas nicht leicht ist, unbedingt darauf achten, dass das Leben und die Menschenrechte von Millionen von Palästinenserinnen und Palästinensern im Gaza-Streifen so sehr gewahrt und geschützt werden, wie es unter den gegenwärtigen Umständen irgend geht. Diese Millionen unschuldigen Menschen – viele von ihnen Frauen, Kinder, alte Männer und Frauen – dürfen nicht für Verbrechen büßen, für die sie nicht verantwortlich sind. Hamas muss das blutige Handwerk gelegt werden, doch – auch wenn es im Moment unerreichbarer scheint denn je:

Es muss einen Plan für eine politische, friedliche Lösung der Palästinenserfrage in Gaza und im Westjordanland geben, die beiden Völkern eine Existenz in Frieden, Freiheit, Sicherheit, gegenseitigem Respekt und menschenfreundlicher Einstellung möglich macht.

So sind in diesem Jahr gute Wünsche zu Channuka nötiger denn je!

Erst für diejenigen, die am 7. Dezember, dem ersten Channuka Abend, an alle noch entführten Hamas Geiseln denken und auf ihre Rückkehr hoffen und beten. Die Chanukkatage werden sicher stiller als sonst werden.

Auf dass allseits niemandem noch mehr Leid geschehe!

Danach fliegen vom beschneiten Jütland die vielen guten Wünsche zu Euch für besinnliche, ruhige Weihnachtstage mit Familie und Freunden, mit der festen Hoffnung auf einen neuen Anfang – und ein besseres, friedlicheres Neues Jahr!

Herzlichste Grüsse von

ruth